Bahnstreik im Güterverkehr

Seit Monaten geht nun schon der Streit zwischen der Bahngewerkschaft GDL und der Bahn AG um einen eigenständigen Tarifvertrag und bis zu 31 Prozent mehr Geld. In den letzten Wochen war mehrfach der Nah- und Fernverkehr von Streiks betroffen, jetzt ist seit heute 12:00 Uhr bis Sonnabend 6:00 Uhr der Güterverrkehr Streikziel im Tarifkonflikt. Was für die Kunden der Bahn lästig sein mag, ist auf der anderen Seite aber nicht nur gut zu verstehen, sonden vor allem auch wichtig. Bei der Bahn wurden in den letzten Jahren verschiedene Vorteile (Freifahrten, Urlaubs-/Weihnachtsgelder) stark gekürzt und die Einkommen immer wieder nur leicht erhöht - beim allgemeinen Preisanstieg und den 6- bis 7-stelligen Jahresgehältern in den Chefetagen ist der Arbeitskampf also durchaus begründet. Ein weiterer Hintergrund für die GDL ist die vom Bund geplante Privatisierung der Bahn. Nach aktuellem Stand sieht der Bund einen vollständigen Gang zur Börse vor, die GDL verlangt jedoch, zumindest das Netz in Staatshand zu halten. In den letzten 15 Jahren hat die Bundesregierung schon zahlreiche Fehler durch Privatisierung und daraus resultierender verringerter Einflußnahme begangen - die Bahn soll nunmehr das nächste Opfer werden. Damit einhergehend würden selbstverständlich auf dem Hintergrund der Gewinnmaximierung für die Aktionäre unrentable Strecken schneller geschlossen werden, als bisher. Wer abseits wohnt, gerät so noch mehr ins Abseits.

Als direkte Konsequenz der Bestreikung des Güterverkehrs haben bereits einige deutsche Unternehmen Kurzarbeit angekündigt bzw. sich per Notfallplänen auf Kurzarbeit oder eingeschrängte Produktionen vorbereit. Vor allem die deutsche Automobilindustrie und die Güterhäfen dürften den fehlenden bzw. stark behinderten Schienentransport deutlich zu spüren bekommen. Volkswagen und andere Unternehmen transportieren jährlich gewaltige Mengen an Teilen zwichen ihren Werken mittels der Bahn und auch fertige Produkte werden in großen Mengen per Bahn in die Zielregionen gebracht. Wer kennt sie nicht die riesigen Güterzüge mit Dutzenden bis Hunderten von Neuwagen? Die bisher geplanten 42h Streik könnten so einige Lager stark schrumpen und andere überlaufen lassen. Dabei geht es natürlich um weit größere und langfristig gesehen finanziell wichtigere Verträge, als sie im Personenverkehr vorhanden sind. Durch die auch bei anderen Unternehmen entstehenden Verluste bedingt, bestehen somit gute Chancen, dass die Bahn auf diesem Wege dazu gezwungen werden kann, sich endlich mit brauchbaren Angeboten wieder mit der GDL an einen Tisch setzen wird. Man kann durch den Streik bedingt auch davon ausgehen, dass ein gewisser Teil der notwendigen Güter-Transporte auf die Straße verlegt wird - dies wird vor allem in den großen Industriegebieten wie dem Ruhrgebiet zügig für volle Straßen sorgen. Straßen, die unter der Last der 40-Tonner zusätzliche Schäden nehmen werden. Wenn der Bund über etwas mehr Weitsicht verfügen würde, würde er den Druck auf die Bahn selbst erhöhen - solange das Unternehmen in Staatshand ist, wäre das ja kein Problem. Stattdessen wartet man in Berlin scheinbar lieber die Konsequenzen ab und läßt später den Steuerzahler für Schäden aufkommen und gibt dann wohl auch noch den Gewerkschaften Schuld an Arbeitsplatzverlusten.

Allerdings kann die Bahn auch noch in gewissem Umfang weiterpokern: die meisten Unternehmen haben sich bereits auf Engpässe eingerichtet und ein Teil des Güterverkehrs wird weiterlaufen. Schließlich verfügt die Bahn immer noch über zahlreiche Beamte, die als direkte Staatsdiener kein Streikrecht besitzen. Auch sind nicht alle Angestellten gewerkschaftlich organisiert und selbst bei denen, die es sind, gibt es immer den ein oder anderen Streikbrecher. Die Bahn hat außerdem angekündigt, einen Teil der Ausfälle mit tschechischen Lokführern zu kompensieren - Streikbrecher aus dem Ausland, auch eine interessante Methode. Wenn die Bahn nur gegensteuert und nicht auf die Vorderungen der GDL eingeht, wird es als Ergebnis letztlich aber nur eine Ausweitung des Streiks geben. Besonders große Auswirkungen wird es in den östlichen Bundesländern geben, in denen viele Gewerkschaften weitaus verbreiteter und besser organisiert sind, als im Westen. Wie auch immer, deutsche Großunternehen können sich freuen, das die Kampfmoral im Arbeitskampf in Deutschland nicht so hoch ist, wie z.B. in Frankreich …

Eine Reaktion zu “Bahnstreik im Güterverkehr”

  1. admin

    Nachdem die letzten Tage in größerem Stil auch noch zusätzlich der Personenverkehr bestreikt wurde, hat die Deutsche Bahn jetzt wohl endlich mal wieder neue Vorschläge unterbreitet, die aktuell von den Gewerkschaften überprüft werden. Vorerst sind die Streiks damit ausgesetzt - hoffen wir, dass das Einlenken von Bahnseite aus den Gewerkschaften ausreicht und nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein war.

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