Das konstruktive Selbstgespräch
Schon bestimmt seit 2 Jahren verfolge ich mit Interesses diese wunderbare Seite: Zeit zu Leben. Ich finde es sehr angenehm, jede Woche einmal die eigenen „Soft Skills“ zu trainieren und bestimmte Dinge zu überdenken. Auch wenn man vieles weiß und kann, ist es meiner Meinung nach, nie zu spät, mal nach links und rechts zu schauen und sich zu fragen, wie fühlt die Welt da um mich eigentlich – was geht wohl in ihr und den Menschen um mich herum vor. Und nicht zuletzt: was geht da eigentlich in mir vor, wenn es mir gut geht, wenn es mir nicht gut geht, wenn ich Probleme habe oder mir die Frage nach dem Sinn stelle. Manachmal ist man mit der eigenen Gefühlslage schon überfordert – wozu dann noch an Andere denken? Ganz einfach: weil wir so lernen, unser Gegenüber besser zu verstehen und uns ein Bild machen können, was in Anderen vorgeht, was wiederum auch den ein oder anderen Konflikt verhindert und das Verständnis fördert. Selbstreflektion ist eine gute Ãœbung. Allerdings sollte man es damit auch nicht übertreiben und genau für diesen Fall hat sich Ralf Senftleben, Autor der Seite Zeit zu Leben, den Brief an sich selbst überlegt, der in diesem Fall eine Hilfe darstellen kann, mal wieder „runterzukommen“, bei sich anzukommen. Da er zum Aufheben und immer wieder lesen gedacht ist, ist dies hier für mich der richtige Platz um ihn aufzubewahren…
— Schnipp —
Das ist eine Nachricht an mich selbst. Cati und ich schreiben zu einer kraftvollen und guten Zeit, in der ich klar sehe und einen guten und realistischen Blick auf mich habe. Und ich schreibe für eine Zeit, die ich dann vielleicht gerade für einen kurzen Augenblick als schwierig erlebe. Eine Zeit, in der ich mich frustriert oder traurig fühle oder wo ich mich über mich selbst ärgere. Was natürlich vollkommen in Ordnung ist.
Ich lese mir das jetzt vor, weil ich einen Teil von mir gerade nicht leiden kann. Vielleicht habe ich etwas getan, was nicht so optimal war. Oder vielleicht bin ich gerade an etwas gescheitert.
Oder vielleicht bin ich enttäuscht von mir selbst. Und ich fühle mich dementsprechend. Was natürlich wirklich absolut o. k. ist. Ich darf mich für einen Augenblick fühlen, wie ich mich fühle. Ich kann den Gefühlen erlauben, da zu sein. Alles ist richtig. Alles darf da sein.
Ich will mich aber auch nicht in den Gefühlen verlieren. Ich kann sie wahrnehmen. Ich kann sie sehen. Und ich kann vielleicht auch einen Schritt neben mich machen und mich selbst beobachten, wie ich die Gefühle fühle.
Während ich den Gefühlen erlaube, da zu sein, merke ich vielleicht auch ein klein wenig, wie sie ihre Kraft verlieren, denn wenn man aufhört zu kämpfen, dann geht es einem automatisch besser. Gerade wenn man einen Kampf kämpft, den man nicht gewinnen kann. Wenn man einen Kampf gegen sich selbst kämpft.
Ich kritisiere mich gerade selbst und es gibt dafür bestimmt gute Gründe. Etwas ist passiert und das werfe ich mir jetzt gerade vor. Das ist normal. Das geht vielen Menschen so.
Und wenn ich ehrlich bin, dann nützt das tatsächlich niemandem etwas, wenn ich mich selbst fertig mache. Ich mache dadurch nichts besser. Für niemanden.
Es nützt den anderen da draußen nichts. Niemand hat etwas davon, wenn ich mich selbst beschimpfe und mich doof finde. Ich kann das machen. Es ist allein meine Sache. Ich darf das. Es geht niemanden etwas an. Aber es ist eben nur ein Spiel, das ich mit mir selbst und ausschließlich mit mir selbst spiele. Ein Kreisen um mich. Ohne Ergebnis. Ohne Resultate. Ich schaue nur auf das Schlechte und daraus entsteht selten etwas Gutes.
Was absolut o. k. ist, wenn es das ist, was ich will. Ich kann ja tun, was ich will. Und ich sauge mir damit die Kraft aus meinen Knochen und vernichte meine eigene schöpferische Kraft. Ich mache mich damit kleiner. Ich zerst&oum l;re meine Handlungsfähigkeit, Hoffnung und meine Energie.
Mein innerer Kritiker ist natürlich kein schlechter Teil von mir.
Er will mich ganz sicher nur beschützen. Vielleicht vor Enttäuschung. Vielleicht davor nicht ausgelacht zu werden. Oder vielleicht davor, nicht abzuheben und dann tief zu fallen. Mein innerer Kritiker hat gute Gründe für das, was er tut.
Aber er ist vielleicht auch ein bisschen wie ein Kind, das nur das Beste will und dabei genau das Gegenteil erreicht. Gut gemeint, aber nicht wirklich hilfreich.
Tatsächlich habe ich es schon oft erlebt, dass meine Meinung und meine Stimmung von ganz vielen Faktoren abhängen. Von meinem Seelenzustand, meinem Erschöpfungsgrad, meinem Energielevel, kürzlich geschehenen Ereignissen, von meinen Hormonen oder von meiner Körperchemie. Und ich habe erlebt, dass ich an einem anderen Tag ganz anders auf die gleiche Sache schauen kann.
Was mir an einem Tag vollkommen doof erschien, fand ich am nächsten Tag vollkommen o. k. Oder umgekehrt. Was ich heute kritisiere, finde ich vielleicht morgen schon ganz anders. Wer will es genau wissen.
Deswegen schreibe ich heute aus der Vergangenheit an mich selbst: Cati, sei bitte nicht so hart zu dir. Das hast du nicht verdient. Du bist o. k., wie du bist, auch wenn du – wie jeder andere auch – deine Ecken und Kanten, deine Schwächen und wunden Punkte hast. Wie jeder andere auch eben.
Und jetzt kannst du vielleicht mal einen tiefen Atemzug nehmen und dich selbst in Ruhe lassen. Lass deinen inneren Kritiker mal ein bisschen schlafen. Er kann ja morgen wieder etwas sagen. Für heute ist genug kritisiert.
Danke fürs Zuhören. Und alles Gute.
— Schnapp —